IUCN nimmt weitere gefährdete Arten in Rote Liste auf

Fast 80 % der Orchideen der Unterfamilie der Cypripedioideae der gemäßigten Breiten und über 90 % der Lemuren sind nach der neuesten Ausgabe der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN [IUCN Red List of Threatened Species™] vom Aussterben bedroht. Der neu beurteilte Japanische Aal wird als "Stark gefährdet" aufgeführt, dagegen bleibt das Brasilianische Dreibindengürteltier - das Maskottchen der Fußballweltmeisterschaft 2014 - als "Verletzlich" eingestuft, da seine Bestände weiterhin zurückgehen.

Japanese Eel (Anguilla japonica)

Die Rote Liste der IUCN, deren 50jähriges Bestehen dieses Jahr gefeiert wird, umfasst nun 73.686 beurteilte Arten, von denen 22.103 vom Aussterben bedroht sind.

“Die Rote Liste der IUCN hat in den letzten 50 Jahren die Leitlinie für die Naturschutzarbeit dargestellt, und sehr wenige positive Maßnahmen werden ohne die Rote Liste als Ausgangspunkt ergriffen," sagt die IUCN-Generaldirektorin Julia Marton-Lefèvre. “Obwohl das ein beachtlicher Erfolg ist, bleibt noch viel zu tun. Wir müssen unser Wissen über die Tier- und Pflanzenarten weiter ausbauen, um die Herausforderungen vor denen wir stehen besser zu verstehen. Die Krise in der die Artenvielfalt heute steckt kann nur bewältigt werden indem wir weltweite Prioritäten für den Naturschutz setzen und konkrete Maßnahmen ergreifen."

Eine weltweite Beurteilung der Orchideen der Unterfamilie der Cypripedioideae der gemäßigter Breiten, die in Nordamerika, Europa und in gemäßigten Zonen Asiens vorkommen, ergab, dass 79 % dieser beliebten Zierpflanzen, zu der auch der Frauenschuh gehört, vom Aussterben bedroht sind. Die Hauptursachen dafür sind Lebensraumzerstörung und übermäßiges Sammeln wilder Pflanzen für den örtlichen und internationalen Handel und dies, obwohl der internationale Handel mit allen Arten dieser Unterfamilie reguliert ist. Diese Orchideenunterfamilie gehört zu den bekanntesten und am häufigsten abgebildeten Blütenpflanzen, mit ihren charakteristischen pantoffelförmigen Blüten, die eine Falle für Insekten bilden, um die Bestäubung zu gewährleisten.

“Was uns bei der Beurteilung am meisten überrascht hat, ist wie stark diese Orchideen Gefahren ausgesetzt sind” sagt Hassan Rankou, IUCN Species Survival Commission’s (SSC) of the Orchid Specialist Group. “Diese Orchideenunterfamilie ist im Multi-Millionen-Dollar-Geschäft der Gartenbaubranche sehr beliebt. Zwar stützt sich der Gartenbausektor auf Kulturpflanzen, dennoch ist die Bewahrung der wild lebenden Arten von existenzieller Bedeutung für die Zukunft.”

Von der stark gefährdeten Orchideenart Cypripedium lentiginosum sind im Südosten der chinesischen Provinz Yunnan und in der vietnamesischen Provinz Ha Giang weniger als 100 Exemplare geblieben. Der Rückgang ist auf übermäßiges Sammeln und auf Abholzung zurückzuführen. Von dem ebenfalls stark gefährdeten Dickinson-Frauenschuh (C. dickinsonianum) sind nur noch vereinzelte Bestände in Mexiko, Guatemala und Honduras bekannt. Seine Lebensräume werden zur Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen gerodet, was die für das Gedeihen der Orchideen und anderer Unterholzpflanzen erforderlichen Umweltbedingungen verändert.

Diese neueste Ausgabe der Roten Liste der IUCN bestätigt Berichte, nach denen 94 % der Lemurenarten stark gefährdet sind. Von den 101 noch bestehenden Lemurenarten sind 22 vom Aussterben bedroht. Darunter befinden sich die größte noch existierende Lemurart, der Indri (Indri indri) sowie 48 weitere stark gefährdete Arten wie der weltweit kleinste Primat, der Berthe-Mausmaki (Microcebus berthae). Insgesamt 20 Lemurenarten wurden als "Verletzlich" eingestuft. Demanch gehören die Lemuren zu einer der meistgefährdetsten Gruppen von Wirbeltiergruppen der Welt.

Die Gefährdung der Lemuren wird hauptsächlich durch die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums, den tropischen Wälder Madagaskars, verursacht. In den letzten Jahren, hat die andauernde politische Unsicherheit und die wachsende Armut zusätzlich den illegalen Holzeinschlag beschleunigt. Die in letzter Zeit zunehemende Jagd zum menschlichen Verzehr, hat sich ebenfalls als eine sehr ernstzunehemende Bedrohung herausgestellt.

“Trotz der durch die politische Krise in Madagaskar noch verschärften Bedrohungen der Lemuren, sind wir überzeugt, dass noch Hoffnung besteht,” sagt Dr. Christoph Schwitzer, der für Madagaskar zuständige stellvertretende Vorsitzende der IUCN SSC Primate Specialist Group und Direktor für Naturschutz der Bristol Zoological Society. " Erfolge in der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine Zusammenarbeit mit örtlichen Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Forschern gefährdete Primatenarten effektiv schützen kann. Wir fordern alle Beteiligten dringlich auf unsere Kräftezu bündeln, um den Fortbestand der Lemure und dadurch ihr biologisches, kulturelles und wirtschaftliches Reichtum zu gewährleisten."

Der Japanische Aal (Anguilla japonica) ist ein traditionelles Gericht der japanischen Küche und nebenbei einer der teuersten Speisefische des Landes. Infolge des starken Rückgangs seines natürlichen Lebensraums, der massiven Überfischung, der zunehmenden Hindernissen für die Fischwanderung sowie der Umweltverschmutzung und Änderungen der Meeresströmungen, wurde der Japanische Aal als "Stark gefährdet" eingestuft. Ostasien ist die weltweite Drehscheibe für Zucht, Handel und Verzehr dieses selten gewordenen Fisches. Der Rückgang seiner natürlichen Bestände hat zur Folge, dass der Handel mit anderen Aalarten, wie zum Beispiel der Kurzflossen-Aal (A. bicolor), in den letzten Jahren stark zugenommen hat.

“Obwohl der bedrohte Status dieser Fischart Anlass zu großer Sorge gibt, ist die Beurteilung des Japanischen Aals und anderer Aalarten jedoch ein gewaltiger Fortschritt,” sagt Dr. Matthew Gollock, Vorsitzender der IUCN- Anguillid Specialist Sub-Group. "Die neuen Erkenntnisse über diese Fischart werden es uns ermöglichen einschlägige Erhaltungsmaßnahmen für Aalarten und ihre Lebensräume zu ergreifen."

Die neueste Ausgabe der Roten Liste der IUCN enthält auch eine Neubeurteilung des Maskottchens der Fußballweltmeisterschaft 2014, das Brasilianischen Dreibindengürteltiers (Tolypeutes tricinctus). Demnach wird angenommen, dass die Bestände dieser Art in den letzten 10 bis 15 Jahren um ein Drittel zurückgegangen sind. Hauptursache dafür ist der Verlust von über 50 % seines natürlichen Lebensraums, dem trockene Caatingabuschland in Brasilien. Seine Einstufung verbleibt deshalb bei "Verletzlich".

Obwohl die "Bananen-Orchidee" (Myrmecophila thomsoniana) die Nationalblume der Cayman Islands ist, wurde sie bei ihrer erstmaligen Beurteilung gleich als "Stark gefährdet" eingestuft. "Bananen-Orchideen" kommen in den Trockenwäldern und dem Buschland aller drei Inseln dieser Nation vor, sind aber wegen dem sich beschleunigenden Lebensraumverlusts durch Wohngebietentwicklung und Tourismus stark bedroht. Der Schutz geeigneter Lebensräume auf allen drei Inseln ist die dringendste Schutzmaßnahme zur Erhaltung diese Art.

Diplazium laffanianum, ein recht großer Farn, war auf Bermuda gewöhnlich in Höhlen und Felsspalten zu finden. Aufgrund der menschlichen Zerstörung seines natürlichen Lebensraums und durch die Einführung gebietsfremder invasiver Arten ist diese Gattung in der Natur offiziell ausgestorben. Dieser Farn wurde 1905 zum letzten Mal gesichtet.

In der neuen Ausgabe der Roten Liste wird die Wiedereinführung einer Fischart hervorgehoben, ermöglicht dank einer Erhaltungsarbeit unter der Aufsicht der Israel Nature and Parks Authority [Israelische Natur- und Parkbehörde]. Die Yarkon-Brasse (Acanthobrama telavivensis), die nur in Israel vorkommt, hat sich in ihrem Status wesentlich verbessert; sie wurde von "In der Natur ausgestorben" auf "Verletzlich" hochgestuft. Häufige Dürren und die darauffolgende Wasserentnahme zur Landwirtschaftsbewässerungsysteme haben den einzigen verbliebenen Lebensraum in den Flüssen Yarkon und Tut zerstört. Die Art wurde erhalten, indem 120 der letzten frei lebenden Fische in ein Zuchtprogramm der Universität von Tel Aviv aufgenommen wurden. 2006 wurden 9.000 im Labor geborene Yarkon-Brassen in dem wieder hergestellten Lebensraum im Fluss Yarkon und in anderen Flüssen Israels ausgesetzt. Acht Jahre später hat sich der Bestand erheblich erhöht.

"Zwar feiern wir bei jeder Neuausgabe der Roten Liste der IUCN einige Erfolge zur Artenerhaltung, es steht uns aber noch ein langer Weg bevor bis 2020, der Frist, die sich 200 Regierungen gesetzt haben, um weitere Verluste der Artenvielfalt aufzuhalten und das Artensterben zu stoppen,“ sagt Jane Smart, Direktorin des IUCN Global Species Programme. “Wir können es uns einfach nicht leisten, diese Frist nicht einzuhalten.”
 

Um weitere Informationen oder Interviews zu erhalten, kontaktieren Sie bitte:

Ewa Magiera, IUCN Media Relations, ewa.magiera@iucn.org
Lynne Labanne, IUCN Species Programme Communications Officer, lynne.labanne@iucn.org
 

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